Was ist los mit/in Deutschland?

03.02.2025

Statement unseres Fraktionsvorsitzenden Christoph Reifenberger

Die Zeiten sind schwierig. Einfache Antworten gibt es nicht. Deshalb brauchen Gedanken dazu mehr als eine Überschrift mit wenigen Sätzen. Ich bitte Sie deshalb um etwas mehr als einen Moment. Danach können Sie Ihre eigenen Schlüsse ziehen.

Geht es Ihnen wie mir? Finden Sie das Gezerre im Augenblick schonmal etwas unwirklich?
Ok, es ist Wahlkampf. Und ja, es geht um viel. Aber rechtfertigt das, so mit Themen und Menschen umzugehen? Werden wir unseren Herausforderungen gerecht?

Ist es wirklich nur „Migration“, von der eine gute Zukunft abhängt?
Ja, es ist richtig und wichtig, nach den furchtbaren Anschlägen -zuletzt in Aschaffenburg – viele Fragen zu klären. Wie es sein kann, dass Straftäter, bekannte psychisch kranke Gefährder, die zuletzt alle einen Migrationshintergrund hatten, und Ausreisepflichtige sind, sich frei in Deutschland bewegen, obwohl in allen Fällen entsprechende Sanktionen verhängt wurden, diese aber nicht umgesetzt waren? Ja, für die Eltern, die ein zweijähriges Kind durch brutalen Mord verlieren, ist es die Hölle.

Ich finde, Versagen, mangelnde Zusammenarbeit und Kommunikation oder Überlastungen müssen konsequent aufgeklärt werden. Dann gilt es Schlüsse zu ziehen und Fehler im System zu beheben. Nur zu sagen, alles wurde getan, wir haben eigentlich keine Defizite, reicht nicht.

Diejenigen, die sofort mit einfachen Parolen bei der Hand sind, die, die generalisieren, die Hass und Unsicherheit schüren, sind die, die von rechts außen unsere freiheitliche Grundordnung aushebeln wollen. Sie schüren mit von Verachtung strotzenden Reden Hass, Unmut und Feindseligkeit. Sie nennen sich dann auch noch „Alternative für Deutschland“. Ihre Politik bedeutet aber „Abstieg für Deutschland“!
Es ist nicht das, was Deutschland jetzt braucht: Putin-Versteher, Extremisten, Antisemitismus, tumbe Parolen und von US-Milliardären gehätschelte Gerne-Große.

Wir müssen leider wahrnehmen:
Nicht alle durch demokratische Wahlen im Bundestag vertretenen Parteien oder Gruppen sind deswegen notwendigerweise oder automatisch auch demokratische Parteien oder Gruppen! Die AfD als „demokratisch“ wahrzunehmen, ist purer Hohn!

Wie aber reagieren nun die Kräfte der Mitte auf deren offensichtliche Provokationen?

Ich beobachte fassungslos, dass sich die demokratischen Kräfte in unserem Land ausnahmslos von den radikalen Rändern in eine Themenfalle haben treiben lassen und zulassen, dass unter dem Begriff „Migration“ alles Mögliche unreflektiert zusammengefasst und bewusst pauschal und undifferenziert verdammt wird.
Ganz nebenbei tragen auch einige sensationslüsterne Medien dazu bei, den Eindruck zu erwecken, als seien wir kurz davor, unterzugehen.

Deshalb verdient das unsere besondere Aufmerksamkeit, was in der letzten Januarwoche im Bundestag geschehen ist. War das in dieser Form und zu diesem Zeitpunkt nötig?

Dazu von mir ein klares JEIN! Warum?

Ja!
Es stand zu befürchten, dass die AfD mit Anträgen das Thema in einer Weise besetzt, die die Fakten verzerren und in erster Linie dem Populismus Raum geben sollen.
In der Wahrnehmung der meisten Menschen in unserm Land, und auch der von Experten, wird zu wenig getan, um illegale Einwanderung zu begrenzen.

Es geht um illegale Einwanderung! Und es geht darum, wir können und wollen kein Schutzraum für Kriminelle sein.
Völlig klar ist jedoch: Wir sind dankbar für Menschen, die zu uns gekommen sind und die hier auf der Grundlage unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung ihre neue Heimat gefunden haben. Es sind zum Beispiel die, die in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder als Kolleginnen und Kollegen in unseren Betrieben und Büros arbeiten.

Wer, außer der CDU, hat sich diese Woche die Zeit genommen, das differenziert vorzutragen? Wer hat immer wieder betont, dass es „nur“ um den Bereich der illegalen Einwanderung geht? Insofern hat Friedrich Merz mit Nachdruck am Mittwoch und Freitag der vergangenen Woche versucht, das Thema zu versachlichen und auf die wenigen Punkte zu reduzieren, die im wahrsten Sinne zur Debatte standen.
Sein Ansinnen, diesen ganzen Themenkomplex nicht den Demokratieverächtern der AfD zu überlassen, wurde leider überlagert von einer ihm und der Union unterstellten Anbiederung an eben diese rechtsextremen Kräfte.

Wenn es Friedrich Merz nur um „Wahlkampf“ gegangen wäre, hätte er das Thema überhaupt nicht so pointiert vorgetragen. Er hat die Debatte jetzt ins Parlament geholt, weil er meines Erachtens allen Bürgerinnen und Bürger klar machen wollte, dass es demokratische Parteien wie die CDU gibt, die sich nicht wegducken, sondern das Thema angehen, Lösungen anbieten, es nicht dem rechten Rand überlassen.

Im Übrigen weichen die Vorstellungen der Parteien der ehemaligen Ampel Koalition in wesentlichen Punkten nicht von den Vorstellungen der CDU ab, gerade, wenn man deren Innenpolitikern Gehör schenkt. Man hat es jedoch vorgezogen, aus ideologischen Gründen gegen die Überzeugung der eigenen Wählerschaft zu stimmen!
Wie verrückt ist das denn? Glaubt man tatsächlich, die braunen Ideologen so in ihre Schranken weisen zu können? Ist die Politik des bloßen Ignorierens dieser Partei nicht längst krachend gescheitert?
Wer will verantworten, dass das Parlament sich so ins Abseits von dem stellt, was die Menschen gerade so intensiv bewegt?

Friedrich Merz hat den Versuch unternommen, dieses Thema wieder bürgerlich zu besetzen um so einen konsensfähigen, aber stringenten Umgang damit zu ermöglichen.
Bundespräsident Joachim Gauck hat uns allen schon früh auf begrenzte Aufnahmemöglichkeiten hingewiesen: „Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich.“

Nein!
In den Medien scheint „Migration“ aktuell das geliebte Allein-Thema zu sein. Gerne emotional ausgerollt, keinesfalls immer sachlich und ehrlich.
Ich frage mich, warum werden die daneben mindestens genauso wichtigen Themen der Öffentlichkeit vorenthalten? Will man mit diesem eingeschränkten Fokus tatsächlich den rechten Populisten den Erfolg gönnen?

Die bürgerlichen demokratischen Kräfte dürfen sich nicht in diesen Sog reißen lassen.
Wir alle brauchen Antworten, wir brauchen politische Gestaltungskraft zu vielen weiteren Themen. Wir sehen doch
• die sich verschärfende wirtschaftliche Krise,
• die notwendige Erhaltung unserer Infrastruktur,
• die nachhaltige Sicherung unserer Sozialsysteme,
• die Frage der weiteren und aus meiner Sicht im deutschen Interesse notwendigen intensiven Unterstützung der Ukraine
• der konstruktive Umgang mit einer neuen US-Regierung zum Wohle Deutschlands,
• bezahlbare und sichere Energie,
• Wiederbelebung einer guten Schulbildung inklusive einer Sanierung von Schulen und deren Ausstattung,
• falsche Anreize in Unterstützungssystemen, gezielte und wirkungsvolle Hilfe für die, die unverschuldet in Not geraten sind,
• Klare Regelungen zu gewollter und benötigter Einwanderung
• Fragen zum Klimaschutz und Klimafolgenanpassung,
um beispielhaft einige Themen zu nennen.

Wann findet das endlich seinen Niederschlag? Warum verweigern sich so viele darüber zu reden, was für unsere Zukunft wichtig ist?
Die CDU hat diese Themen besetzt. Sie hat Antworten formuliert. Darüber würden wir gerne mit den demokratischen Kräften der Mitte sprechen, zeigen, dass Lösungen ohne die radikalen und menschenverachtenden Ränder möglich sind.

Leider wurde in der letzten Januar-Sitzungswoche des Bundestages den Rechtsauslegern die Bühne geboten. Spätestens am Mittwoch nach der Abstimmung haben sie durch ihr Verhalten und ihre Wortbeiträge ihre Masken fallen lassen. Diese Demagogen und Hetzer sind nicht zum Wohle Deutschlands unterwegs.
Unsere Geschichte ist eine Warnung. Gerade deshalb gilt für die Union: Keine Zusammenarbeit mit dieser Gruppierung, die sich AfD nennt.
Diese Situation bedeutet aber auch: Sozialdemokraten und Grüne dürfen nicht länger ausblenden, dass Probleme als solche wahrgenommen werden müssen und es eines redlichen Willens zur demokratischen Zusammenarbeit bedarf.

Es gilt, den Blick nach vorne zu wenden.
Eine kraftlose Rest-Ampel kann nicht dadurch genesen, dass sie sich vor Themen wegduckt und sie diese damit radikalen Kräften überlässt. Die brandgefährlichen Populisten der AfD, die Putin-Freunde und Geschichtsverdreher, die jede Gelegenheit nutzen, Lügen zu verbreiten, pauschal Stimmung gegen Ausländer zu machen, die keine Lösungen bieten, sondern tatsächliche oder vermeintliche Missstände lediglich anprangern und die Wut, den Hass und die Unzufriedenheit verstärken, können unser Land nicht aus der Krise führen! Sie dürfen es nie (wieder)!

Es bleibt, der bürgerlichen Mitte den Rücken zu stärken, ihr die Chance und die Möglichkeit zu geben, Dinge anzupacken und zu lösen. Die CDU steht dafür bereit.
Jetzt ist die Zeit zu sagen „Nie wieder!“. Jetzt gilt es, bei der Bundestagswahl den willigen Demokraten der bürgerlichen Mitte zu einer klaren Mehrheit zu verhelfen, damit unser Land vor den toxischen Radikalen gerettet wird.

Christoph Reifenberger im Januar 2025